Die Berge – Inbegriff von Stabilität und Dauer, sogar Überzeitlichkeit. Die Vorstellungen und Bilder aber, die wir uns von ihnen machen, befinden sich seit der Erschliessung des Hochgebirges vor 250 Jahren in stetem Wandel, wie die neue Präsentation unserer Kuratorin Eva Reifert mit Werken aus unserer Sammlung erlebbar macht.
In der Kunst spiegeln sich immer auch Weltanschauungen. Die Alpenmalerei entsteht mit dem ersten Hauch der Aufklärung, und ein Maler wie Caspar Wolf, der ausgedehnte Exkursionen ins Gebirge unternimmt, verkörpert den wissenschaftlichen Forschergeist seiner Epoche. An der Schwelle zum 20. Jahrhundert wiederum wird in Ferdinand Hodlers Werken das Bedürfnis sichtbar, den Realismus abzulösen und der Natur ihr Mysterium zurückzugeben. Indem er seine Motive einer überhöhenden Symmetrie unterwirft, verleiht Hodler einem Gefühl der Ehrfurcht vor den Naturerscheinungen Ausdruck.
Der Wandel von Markt und Käufern und damit der Bedeutungszuwachs der Landschaftsmalerei lassen sich schon allein an den Formaten ablesen: Die handlichen Souvenirs Johann Ludwig Aberlis finden bei den ersten Touristen Mitte des 18. Jahrhunderts reissenden Absatz, während Alexandre Calame seine atemberaubenden Aussichten eindeutig auf das Repräsentationsbedürfnis seiner Kunden hin konzipiert.
Kunsthistorisch gesehen spannen wir den Bogen zwischen Romantik und Expressionismus. Joseph Anton Kochs idealisierende Darstellung schneebedeckter Gipfel, das Aufkommen der plein air Malerei direkt vor dem Motiv bei Giovanni Segantini und Ernst Ludwig Kirchners Veranschaulichung des menschlichen Innenlebens in aufgepeitschtem Pink und Violett sind dabei wichtige Meilensteine.
Auch die heutige Verfügbarkeit der Alpengipfel und -panoramen als touristisches Markenzeichen der Schweiz ist Teil dieser Geschichte. Erstaunlich konstant geblieben sind aber offenbar die Wünsche und Erfahrungen in der Erkundung der Berge, wie sie sich hier über einen grossen Zeitraum reflektiert finden: Sehnsucht nach Rückzug vom Alltag, das Erlebnis der Schönheit der Natur, das Gefühl über den Dingen zu schweben und die Überwältigung durch etwas, das uns übersteigt.