Seit 2016, dem Amtsantritt von Direktor Josef Helfenstein, kamen annähernd tausend Werke neu in die Öffentliche Kunstsammlung Basel, davon allein über 800 ins Kupferstichkabinett. Das Kunstmuseum Basel präsentiert nun im Neubau eine Auswahl davon und gibt damit auch einen Einblick in die institutionelle Sammlungstätigkeit.
Die Öffentliche Kunstsammlung Basel wächst seit mehreren Jahrhunderten kontinuierlich. Generationen von Museumsverantwortlichen, Donator*innen und Künstler*innen haben dazu beigetragen und tun es auch heute noch, doch nur ausnahmsweise werden Neuzugänge in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen.
In Basel besteht seit dem frühen 16. Jahrhundert eine Tradition ausgeprägten philanthropischen Engagements für das Gemeinwohl, kombiniert mit einer grossen Affinität für Kultur und Forschung, von der die Öffentliche Kunstsammlung immer wieder entscheidend profitieren konnte. Nach dem Ersten Weltkrieg begann eine Phase intensiven Sammlungszuwachses von Kunst der internationalen Moderne des 19. und 20. Jahrhunderts. Dazu kamen nach dem Zweiten Weltkrieg zum Teil umfangreiche Schenkungen und Vermächtnisse privater Gönner wie Raoul LaRoche, Maja Sacher-Stehlin, Marguerite Arp-Hagenbach, Richard Doetsch-Benziger, Max Geldner, Martha und Robert von Hirsch. Zusätzlich ermöglichten bedeutende finanzielle Geschenke die räumliche Erweiterung des Museums, wie jene von Maja Sacher-Stehlin 1980 (Eröffnung des Museums für Gegenwartskunst) sowie ihrer Enkelin Dr. h.c. Maja Oeri, deren Weitsicht und Grosszügigkeit 2016 den Neubau ermöglicht hat.
Alle Direktoren in der Geschichte des Kunstmuseums Basel haben trotz bescheidener Ankaufsmöglichkeiten auf konsequent hohem Niveau die Sammlung weiterentwickelt, indem sie retrospektiv Lücken gefüllt wie auch vorausblickend zeitgenössische Positionen in die Sammlung eingebracht haben. Kunsthistorische wie gesellschaftliche Entwicklungen haben beim Sammlungsaufbau immer eine Rolle gespielt. Eine der wichtigsten Aufgaben heute ist es, einerseits dem gewachsenen internationalen Anspruch des Hauses Rechnung zu tragen und andererseits die Sammlung zu diversifizieren und den traditionellen Kanon zu erweitern. Dazu gehört, dass beispielsweise vermehrt Werke bedeutender Künstlerinnen Einzug in die Sammlung halten.
Ein Bereich, der in den letzten vier Jahren auch dank Beiträgen von Stiftungen wichtige Neuzugänge verzeichnen konnte, ist die amerikanische Nachkriegskunst. So konnten von Linda Benglis, Sari Dienes, Theaster Gates, Sam Gilliam, den Guerrilla Girls, Martha Rosler und Kara Walker teilweise bedeutende Werkgruppen erworben werden. Es sind alles Künstler*innen, die im bisherigen Kanon der Basler Sammlung nicht existierten.
Viele der Neueingänge verdankt das Kunstmuseum Schenkungen: Es handelt sich häufig um Werke, die mit eigenen Mitteln niemals erworben werden könnten. Einige dieser Neuzugänge wurden umgehend in die Präsentation der Sammlung integriert, darunter die sensationelle Schenkung von sieben bedeutenden Werken von Pablo Picasso, Paul Klee, Alberto Giacometti, Fernand Léger und Jean Dubuffet aus der Sammlung Probst durch die Christoph Merian Stiftung im Frühling 2019, die seit Juli 2020 im zweiten Obergeschoss des Hauptbaus gezeigt werden. Ebenfalls bereits in der Sammlungshängung zu sehen sind Gemälde von Lucas Cranach, Caspar Wolf, Auguste Renoir und Ernst Ludwig Kirchner.
Die Bestände des Kunstmuseums wären zudem ohne die Grosszügigkeit von Künstlerinnen und Künstlern nicht annähernd so reich. Den Anfang machte im 19. Jahrhundert Samuel Birmann, der testamentarisch einen Fonds aus seinem Vermögen bestimmte, aus dem bis heute Ankäufe von Schweizer Kunst finanziert werden können. Die berühmtesten Beispiele für Schenkungen durch Künstler sind Pablo Picasso (1967) und Jasper Johns (1994). Diese Tradition wurde erfreulicherweise auch in letzter Zeit fortgesetzt.
Reich beschenkt wurde in den letzten vier Jahren auch das Kupferstichkabinett. Persönlichkeiten, die ihre Grosszügigkeit schon in der Vergangenheit bewiesen haben, haben das Kunstmuseum mit Werken bedacht, die zum Teil bedeutende Lücken schliessen. Dazu gehört insbesondere Dr. h.c. Eberhard W. Kornfelds zweite Schenkung druckgrafischer Werke von Rembrandt: Die 31 Radierungen in herausragender Qualität werden ab Oktober in einer eigenen kleinen Ausstellung im Hauptbau gezeigt. Weiter hat das Kupferstichkabinett mit Zeichnungen von Hans Weiditz d.J. und Antonio Tempesta zwei bedeutende Neuzugänge aus dem 16. Jahrhundert zu verzeichnen.