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Paula Rego

Machtspiele

NEUBAU / 28.09.2024–02.02.2025 / Kuratorin: Eva Reifert

Die portugiesisch-britische Künstlerin Paula Rego (1935–2022) gehört zu den wichtigsten und spannendsten figurativen Malerinnen der letzten Jahrzehnte. Das Kunstmuseum
Basel organisiert die erste Ausstellung der Künstlerin in der Schweiz und stellt ihr Schaffen aus über einem halben Jahrhundert in Schlüsselwerken vor.

Die fabelhafte Welt der portugiesisch-britischen Künstlerin Paula Rego ist ein Bilderrausch – voll von abgründigem Humor, unumwunden drastisch und eindringlich. Vor allem, wenn es um Schicksale von Frauen geht, hat Regos Schaffen enorme Power. Figuren, die bei Walt Disney die perfekte Prinzessin waren, sind bei ihr ganz normale Frauen. Frauen, die pflegen, helfen, den Alltag meistern, werden bei ihr bildwürdig. Was es nicht gibt, ist ein Happy End. Rego erschuf über Jahrzehnte hinweg komplexe, emotionsgeladene Szenen, die wie der Stoff von Albträumen wirken: Sie lassen tief blicken, auf menschliche Beziehungen und soziale, politische und sexuelle Machtdynamiken. Die Neue Zürcher Zeitung nannte ihre Werke «Tatorte».

Paula Rego wurde in Lissabon geboren. Vor dem Hintergrund der Diktatur von Antonio de Oliveiro Salazar kam ihr Vater zum Schluss: Das ist kein Land für Frauen. Rego studierte folglich in London, wo sie sich 1975 ganz niederliess. Mit Pinsel und Pastellkreide, vor allem aber mit beissendem Spott, Satire, Theatralik und einem unheimlichen Gespür fürs Storytelling schuf sie fortan bildgewaltige Werke: Ihre Figuren sind in fantastischen oder verstörenden Welten gefangen, heimgesucht von den Erfahrungen und Konflikten, wie sie Frauen in unserer Gesellschaft noch immer erleben. Rego verarbeitete Themen wie Tyrannei, die Beteiligung Englands am Irakkrieg sowie die Verschärfung von Abtreibungsgesetzen. Ihre Bildwelten sind unverwechselbar, schaurig und oft brutal; ihr Schaffen entfaltet eine ungeheure Sogwirkung und ist grossartig und beängstigend relevant.

In Portugal und in Grossbritannien ist Rego längst ein Star. Die umfassende Sonderausstellung im Kunstmuseum Basel ist die erste Präsentation ihres Œuvres hierzulande. Ihr Kosmos aus Gemälden, Puppen-Objekten und Grafiken wird in einer Folge von thematisch strukturierten Räumen vorgestellt. Sie alle sind Orte von Machtkämpfen: begonnen beim eigenen Selbst über den privaten Kreis der Familie, Beziehungen zwischen den Geschlechtern und politische Gewalt.

Paula Rego, The Artist in Her Studio, 1993, Leeds Museums and Galleries. Bought with support from The Art Fund, the V&A Purchase Grant Fund and the Leeds Art Fund, 1994, Copyright: © Paula Rego. All rights reserved 2024 / Bridgeman Images

Paula Rego, The Artist in Her Studio, 1993, Leeds Museums and Galleries. Bought with support from The Art Fund, the V&A Purchase Grant Fund and the Leeds Art Fund, 1994, Copyright: © Paula Rego. All rights reserved 2024 / Bridgeman Images

Räume

Raum 1: Selbstbilder

Paula Rego hat in ihrer langen Karriere nur wenige Selbstbildnisse geschaffen. Die meisten davon gleichen einem Verwirrspiel: Ein Rollenporträt in betont männlicher Haltung, ein Spiegelbild, das nicht Rego, sondern ihr Modell reflektiert, oder eine Figur mit verletzten Augen in einem Strudel zerschnittener Formen. Dass sich die Künstlerin direkt zeigt, bleibt die Ausnahme. Stilistisch zeugen die Selbstbilder Regos von der grossen Wandlungsfähigkeit, mit der sie der eigenen Kunst im Verlauf der Zeit immer wieder neue Richtungen gegeben hat.

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Raum 2: Familienaufstellung

Familie – für Paula Rego bedeutete das zunächst die Trennung von Vater und Mutter, die zeitweise im Vereinigten Königreich wohnten, während sie bei den Grosseltern in Lissabon blieb. Später ermöglichten die Eltern ihr das Studium in London an der renommierten Slade School of Art. Ihr künstlerisches Schaffen hielt Rego stets getrennt von ihrem Leben als Ehefrau und Mutter dreier Kinder. Dennoch tauchen Familienmitglieder immer wieder als Modelle in ihren Werken auf. In The Family gab Rego der Figurenkonstellation eine unheimliche, psychologische Dimension. In The Dance hingegen offenbart sich der Wechsel von Beziehungen und Für-sich-Sein als ein Rhythmus des Lebens.

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Raum 3: Staatsgewalt

Wie prägend Geschichte und Mentalität des eigenen Herkunftslandes sein können, zeigt sich in Paula Regos historischen Themen. Sie befasste sich etwa mit einem
Königsmord oder der von Kirche und Militär unterstützten Diktatur unter António de Oliveira Salazar. In einem riesigen Wandteppich überlagern sich lange zurückliegende und gegenwärtige traumatische Erfahrungen Portugals: Während das Land in den 1960er Jahren Krieg gegen die Unabhängigkeitsbewegungen seiner letzten Kolonien auf dem afrikanischen Kontinent führte, rief Rego eine vernichtende Niederlage gegen marokkanische Truppen in Erinnerung, die dem portugiesischen Expansionsstreben 1578 ein Ende gesetzt hatte.

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Raum 4: Geschlechterkampf

Auch am Verhältnis von Frau und Mann in Paula Regos Schaffen zeigt sich, dass ihr künstlerisches Universum keine heile Welt ist. Die Dynamik zwischen den Geschlechtern ist bis hinein in die Erotik geprägt von Macht und Gewalt. Tierfiguren stehen stellvertretend für Gegenspieler oder repräsentieren Triebkräfte und körperliche Bedürfnisse. Beim Thema Untreue
oder der Pflege ihres erkrankten Ehemanns griff Rego zwar eigene Erfahrungen auf. Dominanzstreben, Verletzlichkeit und Selbstbehauptung erscheinen in ihrer Kunst jedoch zugleich als Bedingungen des Menschseins.

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Raum 5: Heldinnen

Paula Regos Auseinandersetzung mit Märchen in den 1970er Jahren wurde wegweisend für ihre Kunst. Stoffpuppen wie die der Prinzessin auf der Erbse und die Bilder zur portugiesischen Erzählung der unscheinbaren Heldin Brancaflor stehen am Beginn ihrer lebenslangen Suche nach fesselnden Geschichten.

Rego war fasziniert von der Erkenntnis des Schweizer Psychoanalytikers Carl Gustav Jung, dass sich in den grossen Erzählungen auf der ganzen Welt ähnliche psychische Grundmuster in Form von Helden, Zauberern oder Weisen konkretisieren. In radikalen Umdeutungen stellte sie jedoch Frauen in den Mittelpunkt, die gegen sichtbare und unsichtbare Widersacher antreten. Nicht nur in ihrem späten Hauptwerk Oratório ist das Leben dieser komplexen Heldinnen von den verdrängten, dunklen Aspekten des kollektiven Unbewussten bestimmt.

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Raum 6: Rollenspiele

Die eingängigen und bildmächtigen Geschichten, denen wir in unserer Kindheit begegnen, erzeugen und verfestigen in unseren Köpfen Idealvorstellungen und Rollenmuster. Gerade was spielerisch daherkommt, wie Märchen oder Disney-Filme, entfaltet umso grösseren Einfluss. Paula Rego entlarvt die Stereotype mit Witz und Ironie, ihre tiefe Zuneigung zu den Geschichten bleibt jedoch spürbar. Sie zeigt ein Schneewittchen, das alleine auf Fellen sitzt, statt mit dem perfekten Prinzen auf einem weissen Pferd davonzureiten; ihre Blaue Fee ermahnt Pinocchio nicht freundlich, sondern nähert sich dem Kind bedrohlich; und die von Disney als gezierte Strausse verspotteten Ballerinen verwandelt Rego in bodenständige Frauen mittleren Alters.

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Raum 7: Unbewusstes

Paula Rego beschäftigte sich in einer Psychoanalyse konsequent mit dem eigenen Innenleben. Sie erschloss sich Bereiche des Irrationalen und Verdrängten, die vielen nur in Träumen zugänglich sind. In ihren Werken fand sie Ausdruck für die schattenhaften psychischen Prozesse, die Geschichten wie Franz Kafkas Verwandlung oder Charlotte Brontës Jane Eyre bestimmen. An Peter Pan interessierte sie die Weigerung, erwachsen zu werden, während ihr Triptychon The Pillowman die seelischen Abgründe und Auswüchse einer grotesken literarischen Verhörszene verarbeitet.

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Raum 8: Auflehnung

Zuweilen nutzte Paula Rego ihre Kunst als Mittel des politischen Widerstands. Sie prangerte die nach wie vor weit verbreitete Praxis weiblicher Genitalverstümmelung an und schuf eindringliche Serien von Pastellen und Druckgrafiken, in denen sie die gefährlichen Folgen illegaler Abtreibungen für Frauen vor Augen führte. Die Werke entstanden, nachdem in Portugal Ende der 1990er Jahre ein liberalerer Gesetzentwurf zum Schwangerschaftsabbruch in einer Volksabstimmung abgelehnt worden war. Sie halfen, die öffentliche
Meinung bis zum nächsten Referendum zu verändern. Als es 2003 in London angesichts der britischen Beteiligung am Irakkrieg zu den grössten Anti-Kriegsdemonstrationen seit Jahrzehnten kam, protestierte Rego ebenfalls – mit einem Gemälde voller aktivistischer Intensität.

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Raum 9: Kampfgeist

In einer Serie von sieben Pastellen zeigt Paula Rego, wie der Kampf gegen sich selbst, gegen innere und äussere Mächte, den Geist lähmen und den Körper niederpressen kann. Der Protagonistin scheint die Energie zu fehlen, sich aufzurichten. Der Farbkontrast von Goldocker und Violett jedoch ist alles andere als kraftlos. Diesem Kampf um Körper, Geist und Seele
steht in Regos Schaffen ein Zeichen weiblicher Stärke gegenüber. Angel ist ihr berühmtestes Werk. Die Figur einer Frau in weitem Rock und metallisch glänzender Bluse verkörpert komplexe, widerstreitende Emotionen. Milde und entschlossen, vergebungsbereit und wehrhaft, ist sie ein Symbol für Anspruch, Streben und Kampfgeist.

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Veranstaltungen zur Ausstellung

Fr 13 Dez

VORTRAG

HAUPTBAU Atelier
16:00–18:00

On Power: Dealing with Power

Auf Englisch. Interaktiver Vortrag mit der Performancekünstlerin Sharka Rey. Einführung in das Konzept der Macht und eine spielerische Erkundung dieses Konzepts, wie es in den Kunstwerken von Paula Rego zum Ausdruck kommt. Kosten: Eintritt + CHF 5 (inkl. Ausstellung), CHF 5 (ohne Ausstellung).

Sa 14 Dez

FÜHRUNG

NEUBAU
14:00–15:00

Führung in der Ausstellung «Paula Rego. Machtspiele»

Kosten: Eintritt + CHF 5.

 

THEATER

NEUBAU Eventfoyer
19:00–21:00

Theaterstück: «Was ist das Kind so schön»

Schauspiel mit Motiven der Gebrüder Grimm

Naive Prinzessinnen, hinterlistige Stiefmütter – weibliche Märchen-Stereotype sind tief im gesellschaftlichen Gedächtnis verwurzelt. Die portugiesische Regisseurin Teresa Coutinho schreibt Märchen um. Schauspiel mit Bezug auf das Werk der Malerin Paula Rego. In Kooperation mit dem Theater Basel. Ab 14 Jahren. Kosten: CHF 40. Tickets via Theater Basel.

Sa 21 Dez

FÜHRUNG

NEUBAU
14:00–15:00

Visita guiada à exposição "Paula Rego. Jogos de Poder"

Auf Portugiesisch. Custos: Admissão/Entrada + CHF 5.

So 22 Dez

FÜHRUNG

NEUBAU
14:00–15:00

Visite guidée de l'exposition temporaire «Paula Rego. Jeux de pouvoir»

Auf Französisch. Coût: entrée + CHF 5.

Sa 28 Dez

FÜHRUNG

NEUBAU
14:00–15:00

Führung in der Ausstellung «Paula Rego. Machtspiele»

Kosten: Eintritt + CHF 5.

Sa 4 Jan

FÜHRUNG

NEUBAU
14:00–15:00

Führung in der Ausstellung «Paula Rego. Machtspiele»

Kosten: Eintritt + CHF 5

So 5 Jan

FÜHRUNG

NEUBAU
14:00–15:00

Guided tour of the exhibition "Paula Rego. Power Games"

Auf Englisch. Costs: Admission + CHF 5

Sa 11 Jan

FÜHRUNG

NEUBAU
14:00–15:00

Führung in der Ausstellung «Paula Rego. Machtspiele»

Kosten: Eintritt + CHF 5

Di 14 Jan

FÜHRUNG

NEUBAU
12:30–13:00

Rendez-vous am Mittag: «Paula Rego. Machtspiele»

Mit dem Assistenzkurator Jasper Warzecha. Kosten: Eintritt.

Sa 18 Jan

FÜHRUNG

NEUBAU
14:00–15:00

Führung in der Ausstellung «Paula Rego. Machtspiele»

Führung in der Ausstellung. Kosten: Eintritt + CHF 5

Sa 25 Jan

FÜHRUNG

NEUBAU
14:00–15:00

Führung in der Ausstellung «Paula Rego. Machtspiele»

Kosten: Eintritt + CHF 5

So 26 Jan

FÜHRUNG

NEUBAU
14:00–15:00

Visite guidée de l'exposition temporaire «Paula Rego. Jeux de pouvoir»

Auf Französisch. Coût: entrée + CHF 5

Sa 1 Feb

FÜHRUNG

NEUBAU
14:00–15:00

Führung in der Ausstellung «Paula Rego. Machtspiele»

Kosten: Eintritt + CHF 5

So 2 Feb

FÜHRUNG

NEUBAU
14:00–15:00

Guided tour of the exhibition "Paula Rego. Power Games"

Auf Englisch. Costs: Admission + CHF 5

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