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Modern Madonna

Von Maurice Denis bis Andy Warhol

HAUPTBAU Grafikkabinette / 18.10.2016–08.01.2017

Im September 1980 beauftragte Andy Warhol (1928–1987) den bekannten Fotografen Christopher Makos, in seinem Atelier Mütter mit ihren Kindern zu fotografieren, die er später nachzeichnete und mit Modern Madonna betitelte. Statt des traditionellen Marienbildnisses liess Warhol zeitgenössische Frauen fotografieren, immer sitzend und mit entblösster Brust stillend. Dass das Motiv als anstössig empfunden werden konnte, war Warhol durchaus bewusst. Über den Titel spielte er auf die Vereinbarkeit der alltäglichen Szene mit der religiösen Thematik an. Faktisch spiegelt das Motiv der Maria mit dem Jesuskind seit jeher auch die weltliche Beziehung einer Mutter zu ihrem Kind. Seit dem späten 19. Jahrhundert lässt sich beobachten, dass die Darstellung der Frau als Mutter ein interessantes Spannungsfeld öffnet: Die Frau wird bewundert als der Madonna verwandte Idealfigur oder sie wird als zeitgenössische Femme fatale porträtiert.

Die Präsentation beginnt mit den heilig-entrückten Auffassungen der Mutterschaft von Eugène Carrière (1849–1906) und Maurice Denis (1870–1943). Über eine expressiv-sinnliche Interpretation der Madonna bei Edvard Munch (1863–1944) und anekdotische Verbundenheit bei Max Liebermann (1847–1935) wird der Bogen gespannt bis hin zu formelhaften Schilderungen der Mutterschaft von Pablo Picasso (1881–1973), Joseph Beuys (1921–1986) und schliesslich Andy Warhols Serie Modern Madonna, die er nach rund 30 Werken nicht weiter verfolgte. Warhols letzter Tagebucheintrag zu der Reihe stammt aus dem April 1981: «I did some Madonnas. Then I went to church for a minute.»