Die Ausstellung zeigt den mit knapp 40 Blättern reichen Bestand des Kupferstichkabinetts an Einblattholzschnitten des 15. Jahrhunderts. Einblattholzschnitte sind Blätter, die einseitig bedruckt und als selbständige Werke gehandelt wurden. Sie kamen in Mitteleuropa um 1400/20 als früheste druckgraphische Kunstwerke auf. Damit hatten erstmals breitere Schichten Zugang zu Bildern für den Privatgebrauch. Vor allem ab der Jahrhundertmitte entstanden derartige Drucke in grosser Zahl.
Ihre Verwendung war nicht festgelegt, anders als etwa bei einem Buchholzschnitt, der in einen konkreten Textzusammenhang gehört. Die beweglichen und leicht transportablen Bilddrucke, die ganz ohne Worte oder mit wenigen erläuternden Sätzen auskamen, standen hingegen vielfältigen Verwendungszwecken offen: Sie dienten dem Gläubigen als religiöses Andachtsbild, das an der Wand befestigt oder in Möbel und Bücher eingeklebt werden konnte. Sie erinnerten an Wallfahrtsorte, waren Beleg für einen gekauften Ablass, warben für eine Bruderschaft oder folgten verschiedenen Propagandazwecken.
Wesentlich zur Verbreitung religiöser Einblattholzschnitte dürfte das wachsende Bedürfnis der Gläubigen gewesen sein, sich auf individuelle Art Gott zuzuwenden und sich des Heils zu versichern. Ein häufiges Motiv bilden daher die Leiden Christi, die zum Messopfer als Quelle der Erlösung in Beziehung gesetzt werden. Das Christuskind wiederum findet sich oft bei sogenannten Neujahrsgrüssen, gleichsam einer frühen Form der Glückwunschkarte zum Jahreswechsel.
Mit Spielkarten und Wandkalendern zeigt die Ausstellung auch Exemplare mit profanen Themen. Sowohl die weltlichen als auch die religiösen Darstellungen waren darauf angelegt, nachträglich von Hand koloriert zu werden. Dabei sind die am Druck und an der Ausmalung beteiligten Künstler kaum je namentlich fassbar. Die Anzahl der auf diese Weise entstandenen Blätter muss sehr hoch gewesen sein, doch hat sich nur ein minimaler Prozentsatz erhalten. Vor allem die zum profanen Gebrauch bestimmten Werke unterlagen hohem Verschleiss, und auch religiöse Darstellungen konnten fast ausschliesslich in Büchern eingeklebt die Zeiten überdauern. Entsprechend kennen wir viele Einblattholzschnitte lediglich in jeweils einem Exemplar.
Während die Bestände alter Druckgraphik am Basler Kupferstichkabinett im Wesentlichen auf das Amerbach-Kabinett und das Museum Faesch zurückgehen, sind die Einblattholzschnitte des 15. Jahrhunderts grösstenteils in neuerer Zeit durch Schenkungen, Deposita und Erwerbungen hinzugekommen. Vierzehn Blätter überwies die Universitätsbibliothek, andere gelangten als Deposita des Staatsarchivs, des Historischen Museums und des Freiwilligen Museumsvereins in die Sammlung. Ein grosser Zuwachs war 1930 dank des Ankaufs von 13 Drucken aus der Stiftsbibliothek St. Gallen zu verzeichnen.
Über die die am Kupferstichkabinett vorhandenen Einblattholzschnitte des 15. Jahrhunderts hinaus zeigt die Ausstellung anhand einiger Beispiele aus dem frühen 16. Jahrhundert das Fortleben und die Weiterentwicklung der Gattung in oft von namhaften Künstlern geschaffenen, mit feinen Strichlagen modellierten und nicht mehr notwendigerweise kolorierten Holzschnitten. Unkoloriert hat man in der Regel auch Abzüge von Druckstöcken des 15. Jahrhunderts belassen, die in späteren Zeiten hergestellt wurden. Auch von solchen Blättern sind einige Exemplare zu sehen.