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Pavel Pepperstein

Arbeiten auf Papier aus dem Kupferstichkabinett des Kunstmuseums Basel

GEGENWART / 06.12.2006–08.04.2007 / Curator: Christian Müller

Pavel Pepperstein, geboren 1966 in Moskau, lebt und arbeitet in Moskau und in Tel Aviv. Von 1985-1987 studierte er an der Akademie der Schönen Künste in Prag. Prägend war sein Kontakt mit Ilya Kabakov. Er zählt zu den wichtigsten Vertretern der jüngeren russischen Konzeptkunst. Pepperstein ist Mitbegründer der 1987 ins Leben gerufenen Künstlergruppe „Medical Hermeneutics“, die sich nach dem Untergang des sowjetischen Kommunismus formierte. In dieser Situation der Öffnung zum Westen unternahmen die Mitglieder der „Medizinischen Hermeneutik“ den Versuch, sich auf die eigene, östliche Kultur zu beziehen.

Die Zeichnung ist für Pepperstein das wichtigste künstlerische Medium. Die Themen seiner Arbeiten, so auch die der hier ausgestellten, die zwischen 1997 und 2002 entstanden, stehen mit den unterschiedlichsten bildlichen und literarischen Quellen in Beziehung. Manche Sujets lassen an Werbung oder an politische Plakate denken, zumal sich häufig Textkommentare auf den Zeichnungen finden. Dabei geht es Pepperstein um die Macht des Bildes, die durch die Erinnerung an Bilder, die wir in uns tragen, wirksam ist. Sie vermögen uns wie die Werbung zu beherrschen und werden von politischen Mächten in diesem Sinne gebraucht. Der Schrift kommt dabei häufig die Rolle zu, uns zu enttäuschen oder ein Bild ad absurdum zu führen. So handelt eines seiner Skizzenbücher von Menschen, die Geld verkauft haben. Pepperstein zeichnet gerne mit braun-schwarzer Tusche oder Aquarellfarben. Sein Zeichenstil erinnert an Kalligraphie, an fernöstliche Pinselzeichnungen in der Tradition des Zen-Buddhismus. Durch Versenkung oder Halluzination versucht er, zu den inneren Bildern vorzustossen, um sie auf die Oberfläche des Papiers zu bringen. Seine Zeichnungen wirken oft unfertig oder skizzenhaft, da weite Bereiche des Papiers unbearbeitet bleiben. Regeln der westlichen Zentralperspektive sind ungültig, und die Schrift kann gleichwertig neben das Bild treten. Die Zeichnungsserie „AMERICA“ entstand im Jahr 2002, unmittelbar vor Ausbruch des Irak-Krieges. Ikonen des amerikanischen „Way of Life“ zur Zeit des „Wilden Westens“, wie sie aus Filmen und der Zigarettenwerbung bekannt sind, werden in der Kombination verschiedener Motive oder durch ihre Mehrdeutigkeit als zweifelhafte Mythen entlarvt. Das erste Bild der Serie zeigt, dass die Amerikaner schon da waren, als Gott die Welt schuf und ihre Fahne auf der noch farblosen Materie – wie auf dem Mond – platziert haben. Das Hissen von Flaggen in Siegerpose kennt man als Motiv von Denkmälern, aus den Medien und Geschichtsbüchern sowohl von amerikanischen Soldaten in Vietnam als auch von russischen nach ihrem Sieg über das faschistische Deutschland. Doch das Hakenkreuz gehört bereits zum Gefolge der roten Fahne auf einer anderen Zeichnung. Immer wieder verlieren sich auf diesen Aquarellen amerikanische Soldaten mit ihren Flaggen oder Agenten des CIA in der Weite des Landes; Flaggen gehen wie Schiffe im Ozean unter. Ein anderes Aquarell zeigt Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs, die zu einem stilllebenartigen Streubild im Charakter der „pop-art“ zusammengestellt sind. Die amerikanische Fahne schmückt deren Inneres, wird zum Futter einer (russischen?) Pelzmütze, von Schuhen und Stiefeln, schmückt das Innere eines Eimers oder einer Tasse. Von aussen nicht sichtbar, immer schon und überall ist Amerika „drin“.